Patricia Hofmann • 27. Januar 2022
Die Anzeige bei der Polizei ist geschafft. Das ist bereits ein wichtiger und mutiger Schritt. Wie es danach im Ermittlungsverfahren weitergeht, soll unser heutiger Beitrag aufzeigen.
Nachdem die Anzeige erfolgt ist, werden die weiteren Ermittlungsschritte eingeleitet. Es werden Zeugen und auch der Beschuldigte einvernommen, eventuell Lichtbilder angefertigt und Gegenstände sichergestellt. Die Polizei fertigt sodann einen Abschlussbericht an und übermittelt alle Unterlagen an die zuständige Staatsanwaltschaft. Zur Aufklärung mancher Straftaten kann es auch erforderlich sein Gutachten von Sachverständigen, welche ein besonderes Fachwissen haben, einzuholen. Beispielsweise können Gutachten notwendig sein, um zu klären, ob eine Person eines natürlichen Todes gestorben ist, um DNA-Abgleiche zu machen oder um festzustellen, ob der Beschuldigte eine psychische Beeinträchtigung hat.
Auch das Opfer kann selbstständig oder mit Unterstützung durch die juristische Prozessbegleitung noch weitere Beweise der Polizei oder der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis bringen. So können zum Beispiel Zeugen bekannt gegeben werden oder Fotos und Dokumente für die Aufklärung der Straftat hilfreich sein.
Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren
Das Ermittlungsverfahren dient dazu, den Tatverdacht soweit zu klären, sodass die Staatsanwaltschaft entscheiden kann, ob
Wie entscheidet die Staatsanwaltschaft nun, ob angeklagt oder das Verfahren eingestellt wird?
Die Staatsanwaltschaft ist stets zur Objektivität verpflichtet. Das bedeutet, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, keine Einstellungsgründe vorliegen und eine Verurteilung nahe liegt (§ 210 StPO). Eine Verurteilung liegt dann nahe, wenn zum Anklagezeitpunkt eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch.
Durch das Einbringen der Anklage beginnt das Hauptverfahren. Der Frage, wie es danach weiter geht und welche Rechte Opfern im Hauptverfahren - vor allem in der Verhandlung vor Gericht - zukommen, widmen wir uns in einem gesonderten Beitrag.
Einstellung des Strafverfahrens
Was passiert aber, wenn die Staatsanwaltschaft die oben erwähnten Voraussetzungen als nicht oder nur unzureichenden gegeben ansieht?
Dazu möchte ich vorausschicken, dass eine Einstellung des Verfahrens keineswegs bedeutet, dass dem Opfer nicht geglaubt wird. Oft ist eine „Aussage-gegen-Aussage-Problematik“ oder unzureichende Beweise ein Grund, weshalb die Staatsanwaltschaft aus rechtlichen Gründen das Strafverfahren einzustellen hat.
Insbesondere wird das Verfahren dann eingestellt, wenn die vorliegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder andere rechtliche Gründe vorliegen bei denen die Verfolgung des Beschuldigten unzulässig wäre (§ 190 StPO). Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Täter nicht deliktsfähig ist, also noch nicht das 14. Lebensjahr erreicht hat und damit nicht strafbar ist.
Ein weiterer Einstellungsgrund kann auch eine unzureichende Beweislage sein, sodass kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des Beschuldigten vorliegt.
Antrag auf Begründung & Fortführung
Nach Verständigung des Opfers von der Einstellung des Verfahrens kann binnen 14 Tagen eine Begründung der Einstellung bei der Staatsanwaltschaft beantragt werden (§ 194 StPO). In der Begründung führt die Staatsanwaltschaft die Gründe und Überlegungen aus, wie sie zu ihrer Entscheidung gelangt ist. Nach Einlangen der Begründung der Staatsanwaltschaft hat das Opfer die Möglichkeit – wiederum binnen 14 Tagen – einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens einzubringen. Um die Fortführung zu begründen, muss zumindest einer der folgenden drei Gründe vorliegen (§ 195 StPO):
Gelangt die Staatsanwaltschaft zur Kenntnis, dass der Antrag berechtigt ist, wird sie das Verfahren fortführen. Ist die Staatsanwaltschaft der Meinung, dass der Antrag unberechtigt ist, so hat sie den Akt samt einer Stellungnahme dem zuständigen Gericht zu übermitteln. Daraufhin entscheidet das Gericht neuerlich durch einen Senat von drei Richtern, ob das Verfahren fortzuführen ist.
Man sieht also, bei Einstellung des Verfahrens ist noch nicht aller Tage Abend. Opfer haben im Strafverfahren verschiedenste Rechte (detaillierter in einem weiteren Beitrag), darunter fallen eben auch die oben erwähnten Anträge.
Zum Thema Ermittlungsverfahren gibt es natürlich noch wesentlich mehr zu sagen. Wir möchten daher vor allem in jene Themen weitere Einblicke geben, die für Opfer von besonderer Bedeutung sind. In unserem nächsten Beitrag widmen wir uns daher der Diversion. Hier geht es zum Beitrag.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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