Patricia Hofmann • 1. April 2023
Den Anstieg der Internetkriminalität nehme ich zum Anlass um eine Reihe zum Thema Cybercrime zu starten. Im ersten Teil von "Tatort Internet" erkläre ich den Begriff von Cybercrime und wird den Fragen nachgegangen, was es mit Sextortion auf sich hat und wie man sich schützen kann.
Eines ist zu Beginn gleich festzuhalten: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.
Was ist Cybercrime?
Eine grobe Vorstellung hat man vermutlich, aber Cybercrime ist nicht gleich Cybercrime. Zum einen gibt es Delikte, bei denen die kriminelle Handlung gegen das Gerät, die Dienste oder das Netzwerk selbst gerichtet ist. Es geht also vor allem um Angriffe auf Computersysteme oder das Beschädigen von Daten (Stichwort "Hacking").
Darüber hinaus sind vom Begriff Cybercrime auch Straftaten umfasst, bei welchen die entsprechende Informations- und Kommunikationstechnik zur Organisation und Ausführung von Delikten verwendet wird. Hier ist etwa die Rede von Bestellbetrug, Cybergrooming, Cybermobbing oder Kindesmissbrauch im Internet.
Die Gefährlichkeit von Cyberdelikten liegt vor allem darin, dass die Taten mittels Einsatzes der Technik beziehungsweise der Verwendung von bekannten Plattformen einfacher und schneller planbar und durchführbar werden. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass die vermeintliche Anonymität im Internet zu einer geringeren Hemmschwelle bei den Tätern und Täterinnen führt.
Anstieg der Internetkriminalität
Die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2022 zeigt hinsichtlich Internetkriminalität mit 60.195 Anzeigen einen neuen Höchstwert. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es noch 46.179 Anzeigen. Damit zeichnet sich ein Anstieg von 30 Prozent zum Jahr 2021 ab. Vergleicht man die Zahl der Anzeigen mit jener von 2015, welche bei rund 10.000 lag, so weist die Statistik des Jahres 2022 gleich sechsmal so viele Anzeigen auf.
Interessant ist auch der Umstand, dass nach der Statistik fast zwei Drittel der Anzeigen das "Cybercrime im weiteren Sinne" betreffen, also jene kriminellen Handlungen, bei welchen das Internet und die Kommunikationstechnik als Tatmittel verwendet werden (sprich Internetbetrug, Cybermobbing, Sextortion etc.). Insbesondere Internetbetrug, mit 27.629 Anzeigen, macht dabei einen immens großen Anteil aus. Trotz des Anstiegs der Anzeigen ist die Statistik mit Vorsicht zu genießen: Gerade bei der Internetkriminalität ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Oft kämpfen Betroffene mit Scham oder Angst, wenn es darum geht, die Taten zur Anzeige zu bringen. Oft überwiegt das Gefühl, dass ihnen nicht geglaubt wird oder ohnehin "nichts rauskommt".
Was ist Sextortion?
In der polizeilichen Kriminalstatistik findet man auch konkrete Zahlen zu "Sextortion". Manch einer fragt sich jetzt bestimmt, was dieser Begriff überhaupt bedeutet – zu Recht, denn von einem gängigen Begriff ist bislang wohl noch nicht auszugehen. Sprachlich setzt sich "Sextortion" aus den Worten "Sex" und "Extortion" zusammen, was übersetzt "Erpressung" bedeutet.
Sextortion bezeichnet im Fachjargon die Erpressung mit Bild- oder Videomaterial, welches das Opfer nackt oder bei sexuellen Handlungen zeigt. Bei dieser Betrugsmasche wird über soziale Netzwerke zunächst Kontakt mit einer Person aufgenommen. Nach einer kurzen Kennenlernphase wird die Person – meist in einem Videochat – dazu animiert, nackt zu posieren oder sexuelle Handlungen vorzunehmen. Diese Handlungen werden dann ohne Kenntnis der betroffenen Person aufgezeichnet. Auch die Aufforderung, Videos oder Fotos via Messengerdienste zu übermitteln, ist ein häufiges Muster dieser Erpressungsart. Im Nachhinein wird dieses Bild- oder Videomaterial dazu benutzt, um das Opfer mit der Veröffentlichung zu erpressen.
Der Anstieg dieser Vorgangsweise ist massiv. Während es im Jahr 2021 noch 1.804 Anzeigen wegen Sextortion gab, verzeichnet die Statistik im Jahr 2022 ganze 3.424 Anzeigen. Um es deutlich zu sagen: Es handelt sich um einen Anstieg von circa 89 Prozent. Der Handlungsbedarf bei der Aufklärung dieser Delikte und Methoden ist damit klar ersichtlich.
Vorsicht ist geboten
Im Umgang mit dem Internet sollte Vorsicht geboten sein. Das gilt sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene. Die Überprüfung der Einstellungen hinsichtlich der Privatsphäre auf dem eigenen Social-Media-Profil ist grundsätzlich ratsam. Insbesondere bei fremden Personen, die online Kontakt aufnehmen, nur wenige Informationen auf dem Profil preisgeben und schnell das Thema Sex aufs Tapet bringen, sollten die Alarmglocken läuten. Sollte man Opfer von Sextortion geworden sein, ist es zur strafrechtlichen Verfolgung der Erpresser wichtig, eine Anzeige zu erstatten.
Die Fälle von Cybercrime steigen und damit auch der "Tatort Internet". Aufklärung und Information ist zur Prävention aller Gewalttaten, auch jener im Netz, ein wichtiges Instrumentarium. Da auch die anderen im Beitrag genannten Begriffe, wie beispielsweise Cybermobbing, nicht unerklärt bleiben sollen, allerdings den Rahmen eines Blogbeitrags sprengen würden, werden die nächsten Beiträge weitere Delikte und Handlungsmuster rund um Cybercrime behandeln.
Dieser Artikel ist (in ähnlicher Form) bei derStandard.at bereits am 13.03.2023 im Gastblog "Mit Recht gegen Gewalt" von Patricia Hofmann erschienen.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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