Patricia Hofmann • 20. Januar 2022
Im heutigen Beitrag möchten wir über die psychosozialen und juristischen Unterstützungsmöglichkeiten informieren. Keiner muss den Weg aus der Gewalt alleine gehen, denn es gibt Hilfe für alle.
Nach Ausspruch eines Betretungs- und Annäherungsverbots hat die Polizei das Opfer über die Möglichkeit zu informieren, sich an eine Beratungsstelle (zB. Gewaltschutzzentrum / Interventionsstelle / Gewaltschutzstelle) zu wenden. Gemäß § 56 Abs. 1 Z 3 SPG werden die Daten der gefährdeten Person auch an das örtlich zuständige Gewaltschutzzentrum übermittelt, damit Kontakt mit der gefährdeten Person aufgenommen werden kann.
Die Mitarbeiter der Beratungsstellen unterstützen beispielsweise bei der Erstellung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und beraten zu Schutz und Sicherheit. Wenn die Gefahr nicht akut und kein sofortiges Einschreiten der Polizei nötig ist, besteht auch die Möglichkeit, selbstständig Kontakt zu einer Beratungsstelle aufzunehmen, um Unterstützung bei Gewalterfahrungen zu erhalten. Alle Schritte beruhen auf der freien Entscheidung des Opfers; die Beratungsstellen drängen niemanden zu einer bestimmten Vorgehensweise. Sie sind vielmehr dafür da, die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen, um aus einer Gewaltbeziehung oder -situation auszubrechen.
Freilich ist all das leichter gesagt als getan. Den Kreislauf zu durchbrechen, der vielleicht schon über viele Jahre besteht, ist nicht einfach. Oft ist ein einschneidendes Erlebnis nötig, um den Mut zu fassen, zur Polizei zu gehen. Doch so weit sollte es erst gar nicht kommen. Hilfe ist möglich – je früher man sie sucht, desto besser ist es. Da oft die Scham im eigenen Freundes- oder Verwandtenkreis zu groß ist, kann eine externe Beratungsstelle eine ideale Anlaufstelle sein, um hilfreiche Unterstützung zu erhalten.
Auch der direkte Weg – noch dazu alleine – zur Polizei ist oftmals einschüchternd. Leider ist mitunter auch kein Vertrauen in die Behörden vorhanden oder man hat schlicht das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden. Die MitarbeiterInnen der Beratungsstellen sind genau darauf spezialisiert und können in vielerlei Hinsicht als psychosoziale Prozessbegleiter unterstützen. Ergänzend zu dem oben bereits Erwähnten unterstützt die psychosoziale Prozessbegleitung während der gefühlsmäßig oft belastenden Zeit des Verfahrens und begleitet die Opfer auch als Vertrauensperson bei der Anzeige bei der Polizei und bei den Vernehmungen im weiteren Ermittlungs- und Hauptverfahren.
Jede Person, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt, in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte oder auch Opfern von beharrlicher Verfolgung, ist auf ihr Verlangen nicht nur kostenlose psychosoziale, sondern auch kostenlose juristische Prozessbegleitung zu gewähren.
Die juristische Prozessbegleitung umfasst die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Da die Beratungsstellen und Gewaltschutzzentren in der Regel bereits mit Rechtsanwälten zusammenarbeiten, die juristische Prozessbegleitungen übernehmen, müssen sich die Opfer auch nicht selbst auf die Suche nach einer Rechtsvertretung machen. So unterstützt die juristische Prozessbegleitung bei der Durchsetzung der Ansprüche im Verfahren und kann – sollte eine Anzeige bei der Polizei, aus welchen Gründen auch immer, einmal nicht aufgenommen werden oder nicht möglich sein – die strafrechtlich relevanten Vorfälle in Form einer Sachverhaltsdarstellung direkt bei der Staatsanwaltschaft einbringen. Mit den Ermittlungstätigkeiten wird von der Staatsanwaltschaft dann wiederum die Polizei beauftragt. Der Vorfall ist damit dokumentiert und der erste – so mutige und wichtige – Schritt geschafft.
Im nächsten Beitrag fahren wir an dieser Stelle fort und widmen uns den weiteren Schritten im Strafverfahren. Wie läuft das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft und bei Gericht ab? Welche Rechte habe ich als Opfer? Was passiert, wenn das Verfahren eingestellt wird? Hier geht es zum Beitrag.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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