Patricia Hofmann • 17. Februar 2022
Vielleicht ist Ihnen der Begriff „Diversion“ oder „diversionelles Vorgehen“ auch schon einmal untergekommen. In unserem heutigen Beitrag möchten wir aufklären, was es damit auf sich hat.
Im Gesetz wird die Diversion auch als „Rücktritt von der Verfolgung“ bezeichnet. Das ist keinesfalls mit einer Einstellung des Verfahrens gleichzusetzen. Vielmehr geht es um ein besonderes Vorgehen bei der Beendigung des Verfahrens und – wenn man so will – eine „zweite Chance“ für den Beschuldigten.
Bei einer Diversion wird der Beschuldigte etwa nicht angeklagt und verurteilt. Stimmt er der diversionellen Erledigung zu, so kann bei Erfüllung von gewissen Auflagen durch den Beschuldigten, dieser das Verfahren ohne Urteil hinter sich bringen. Dieses Vorgehen hat auch für Opfer oft viele positive Aspekte.
Grundsätzlich kann die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Diversion nur dann anbieten, wenn die Beweislage auch eine Anklage zulassen würde. Das ist bereits die erste Voraussetzung, die für diese Vorgehensweise erfüllt sein muss. Selbstverständlich können nicht alle Taten diversionell erledigt werden. Bei Strafdrohungen über fünf Jahren (bei Sexualdelikten drei Jahren) Freiheitsstrafe ist eine Diversion ausgeschlossen (§ 198 StPO).
Eine wichtige und jedenfalls notwendige Voraussetzung ist auch die Schuldeinsicht und Verantwortungsübernahme des Beschuldigten. Dieser muss also Verantwortung, für die ihm zu Last gelegten Taten, übernehmen. Für viele Opfer ist bereits ein solches Schuldeingeständnis des Beschuldigten für die Aufarbeitung des Erlebten sehr wichtig.
Die Strafprozessordnung sieht vier Formen der Diversion vor:
Insbesondere die Verhängung einer Probezeit mit Pflichtenübernahme (§ 203 StPO) bietet gute Möglichkeiten, um Beschuldigten aufzuzeigen, dass ihr Verhalten Unrecht war. Gleichzeitig kann dabei Opfern aber auch ein entsprechender Schutz zu gewähren. So kann das Gericht dem Beschuldigten beispielsweise eine Weisung erteilen, dass er Bewährungshilfe und/oder Therapien in Anspruch zu nehmen hat. Vor allem bei Taten wie Stalking (auch beharrliche Verfolgung, § 107a StGB) kann dem Beschuldigten auch die Weisung erteilt werden, keinerlei Kontakt mehr zu dem Opfer aufzunehmen. So haben Opfer von Stalking für die Dauer der Probezeit einen weiteren Schutz, dass der Beschuldigte von künftigen Taten absieht.
Bei einem Tatausgleich ist vorgesehen, dass der Beschuldigte den entstandenen Schaden gutmacht oder anders zum Ausgleich der Folgen der Tat beiträgt. In diesen Prozess ist auch das Opfer und dessen Vertretung einzubeziehen. Dies kann in Form eines Gesprächs zwischen Opfer und Beschuldigtem stattfinden, insofern das Opfer, das möchte oder auch in der Leistung einer Entschädigungssumme. In diesem Fall ist zusätzlich zu den generellen (oben erwähnten) Voraussetzungen auch die Zustimmung des Opfers erforderlich.
Insbesondere Weisungen wie Therapien werden insofern kontrolliert, als der Beschuldigte in regelmäßigen und vorgegebenen Abständen die Teilnahme dem Gericht nachweisen muss. Wird gegen ein erteiltes Kontaktverbot verstoßen, ist es wichtig, dass das Opfer dies auch der Staatsanwaltschaft bzw dem Gericht mitteilt.
Wenn der Beschuldigte die erteilten Auflagen bzw Weisungen nicht oder nicht zur Gänze einhält, hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren fortzusetzen. Das Verfahren geht also seinen „normalen“ Weg, es wird Anklage erhoben und der Angeklagte muss sich dann gegenüber dem zuständigen Gericht verantworten.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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