Patricia Hofmann • 28. August 2023
Im vierten Beitrag zu "Cybercrime" geht es um das Thema "Sexting".
Was bedeutet Sexting? Wann ist das Versenden von intimen Bildern als "pornografische Darstellung Minderjähriger" strafbar. Und warum der Begriff "pornografische Darstellung Minderjähriger" nicht angemessen ist. All diesen Fragen wollen wir uns im heutigen Beitrag widmen:
Medial ist das Thema der pornografischen Darstellungen Minderjähriger nicht nur aufgrund des Falls Teichtmeister und des nunmehr wohl für September anberaumten Verhandlungstermins im Fokus. Vermehrt stellen sich die Fragen, ob der Terminus "Kinderpornografie" angemessen ist, was Social-Media-Plattformen zum Schutz unternehmen können und wie es rechtlich mit dem Versenden von intimen Bildern oder Videos zwischen Jugendlichen aussieht.
Was sagt das Gesetz?
Die pornografische Darstellung Minderjähriger ist in Österreich in
§ 207a Strafgesetzbuch geregelt. Dieser findet sich unter dem Abschnitt der strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Unter pornografischer Darstellung Minderjähriger versteht der Gesetzgeber grundsätzlich alle wirklichkeitsnahen Abbildungen geschlechtlicher Handlungen mit unmündigen oder mündigen Minderjährigen. Als Darstellungsarten sind unter anderem Fotos, Videos und Computerspiele mit realen Handlungen wie auch virtuelle Bilder, beispielsweise Bildmontagen, umfasst. Wirklichkeitsnah ist eine Darstellung, wenn den Betrachterinnen und Betrachtern der Eindruck vermittelt wird, ein tatsächliches Geschehen zu beobachten. Verboten ist nicht nur das Herstellen und Verbreiten solcher Darstellungen, sondern auch der Besitz oder der wissentliche Zugriff auf solche Darstellungen im Internet.
Strafverschärfung
Erst im Jahr 1994 ist dieser Paragraf in Kraft getreten, damals noch in jener Form, in der er auf pornografische Darstellungen hinsichtlich Unmündiger, sohin auf Personen, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, beschränkt war. Die Verschaffung und der Besitz waren damals lediglich mit einer Strafdrohung von bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bedroht. Mit späteren Gesetzesnovellen wurde dies mehrfach verschärft. Im Rahmen eines Maßnahmenpakets wurde nunmehr neuerlich angedacht, die Strafen zu verschärfen. Im Mai ist die Begutachtungsfrist abgelaufen, bislang wurde allerdings im Nationalrat diesbezüglich noch nichts beschlossen.
Verharmlosender Begriff
Im Zuge dieser Reform wurde auch angekündigt, den Begriff "pornografische Darstellung Minderjähriger" durch "bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial" ersetzen zu wollen. Zu Recht wurde von verschiedensten Seiten immer wieder moniert, dass der Begriff der "Kinderpornografie" schlichtweg die dahinterstehende Handlung verharmlost. So kommt es manchen vielleicht belanglos vor, mit welchem Terminus man diese Taten betitelt. Sprache ist aber ein wichtiges Instrument und sohin relevant, um den Unwert dieser Taten (noch) präsenter werden zu lassen. Denn Missbrauch von oder sexualisierte Gewalt an Kindern dürfen nie bagatellisiert werden. Aber auch hier ist die entsprechende Reform noch nicht im Nationalrat beschlossen worden.
Sexting
Unter "Sexting" versteht man grundsätzlich das Verschicken und Tauschen von Nacktaufnahmen per Internet oder Handy. Es geht dabei um den einvernehmlichen Austausch von erotischen Selbstaufnahmen durch elektronische Medien. Dabei muss aber Bedacht auf den Konsens genommen werden, denn "erlaubt" ist der Besitz und die Herstellung solcher Aufnahmen nur mit Einwilligung der mündigen minderjährigen – also über 14 Jahre alten – Person und nur zu deren oder zum eigenen Gebrauch. Die Weiterverbreitung, also beispielsweise das Schicken oder Zeigen von Nacktfotos seiner Freundin an einen Dritten, ist also nicht erlaubt und mit rechtlichen Folgen verbunden. Zweck dieser Strafausschließung ist, dass bestimmte Verhaltensweisen von Jugendlichen zur Entdeckung ihrer eigenen Sexualität aus der Strafbarkeit ausgenommen werden sollen.
In dem – bereits zuvor angesprochenen – Entwurf zur Änderung der gegenständlichen Bestimmung ist auch eine Ergänzung dazu vorgeschlagen. So soll der Absatz dadurch ergänzt werden, dass die Straffreiheit nur dann besteht, wenn das Alter der Person, welche die Abbildung herstellt oder besitzt, das Alter der abgebildeten Person im Zeitpunkt der Herstellung oder Besitzerlangung um nicht mehr als fünf Jahre übersteigt.
Aufklärung
Kinder und Jugendliche können nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass Fotos schnell erstellt, aber auch genauso schnell im Internet verbreitet werden können. Einmal weggeschickt beziehungsweise online gestellt, hat man kaum noch Kontrolle über die Verbreitung. Auch bei Anbietern wie Snapchat ist nicht garantiert, dass nicht ein Screenshot von einem Foto angefertigt wird. Es ist daher wichtig, genau zu überlegen, ob das Vertrauen in das Gegenüber wirklich so groß ist, dass man solche intimen Fotos austauschen möchte.
Der Anstieg bei der Zahl der Verurteilungen von 573 Verurteilungen im Jahr 2019 auf 839 Verurteilungen im Jahr 2021 zeigt nur exemplarisch, dass dieses Thema massiv an praktischer Relevanz gewonnen hat. Vor allem sind die Sicht der Opfer und die hinter diesen Taten stehenden Auswirkungen auf die minderjährigen Opfer in den Vordergrund zu stellen. Bleibt zu hoffen, dass durch angemessene gesetzliche Änderungen ein Schritt nach vorne möglich ist. Die von relevanten Einrichtungen eingebrachten Stellungnahmen sollten aber jedenfalls Beachtung bei der Gesetzesänderung finden.
Dieser Artikel ist (in ähnlicher Form) bei derStandard.at bereits am 28.08.2023 im Gastblog "Mit Recht gegen Gewalt" von Patricia Hofmann erschienen.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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