Patricia Hofmann • 5. Januar 2022
Welche Schritte können von einschreitenden Polizisten sofort getroffen werden? Wie kann die gefährdete Person danach vorgehen? Im zweiten Beitrag möchten wir über diese "Sofortmaßnahmen" informieren.
Ist die Polizei erst einmal informiert, wird diese möglichst rasch zum Einsatzort kommen. Die einschreitenden Polizisten verschaffen sich einen ersten Eindruck über die Gefahrensituation. Dazu führen sie mit dem Opfer sowie dem Gefährder getrennt ein Gespräch. Je nach Lage wird – wenn notwendig – die Rettung verständigt oder dem Opfer geraten, selbst das Krankenhaus zur Behandlung aufzusuchen. Sichtbare Verletzungen sollten von der Polizei jedenfalls fotografiert und dokumentiert werden. Passiert das nicht, ist es jedenfalls sinnvoll, dies selbst zu tun – auch einfache Fotos mit dem Handy sind schon hilfreich. Ist es zu Verletzungen gekommen, ist es nicht nur für das weitere Verfahren, sondern auch für die Gesundheit des Opfers dringend ratsam, einen Arzt aufzusuchen. In der Folge werden sowohl das Opfer als auch der Gefährder direkt einvernommen oder zumindest ein Termin für eine Vernehmung vereinbart. Dazu kann selbstverständlich eine Vertrauensperson hinzugezogen werden und – wenn erforderlich – wird auch ein Dolmetsch organisiert.
Gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz (kurz: SPG) können die einschreitenden Polizisten gegen den Gefährder ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen. Diese Möglichkeit besteht nach dem Gesetz dann, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen – vor allem wegen eines zuvor erfolgten gefährlichen Angriffs – anzunehmen ist, dass der Gefährder einen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit begehen könnte. Durch das Betretungs- und Annäherungsverbot wird dem Gefährder das Betreten einer Wohnung, in der die gefährdete Person wohnt untersagt (Betretungsverbot). Damit verbunden ist das Verbot der Annäherung an die gefährdete Person im Umkreis von 100m (Annäherungsverbot).
Sollte der Gefährder dieses Verbot missachten, macht er sich verwaltungsrechtlich strafbar. Die Einhaltung dieses Verbots wird von der Polizei kontrolliert, meist indem bei der Wohnung Nachschau gehalten wird, ob sich der Gefährder dort oder in deren Umkreis aufhält. Das Betretungs- und Annäherungsverbot endet zwei Wochen nach seiner Anordnung. Jedoch besteht die Möglichkeit innerhalb dieser Frist einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung einzubringen. Dadurch kann die Frist auf bis zu vier Wochen verlängert werden.
Seit 1. September 2021 müssen Personen, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, eine Gewaltpräventionsberatung besuchen. § 38a Abs 8 SPG regelt, dass der Gefährder binnen 5 Tagen ab Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbots eine Beratungsstelle für Gewaltprävention zu kontaktieren hat. Eine erstmalige Beratung hat binnen 14 Tagen ab Kontaktaufnahme stattzufinden.
Kurz gesagt: Der Gefährder muss innerhalb von ca. 3 Wochen nach einem entsprechenden Vorfall eine Gewaltpräventionsberatung besuchen. Sollte der Gefährder keinen Kontakt mit der Beratungsstelle aufnehmen oder nicht (aktiv) an dieser teilnehmen, ist er von den Sicherheitsbehörden zur Durchführung dieser Beratung zur Gewaltprävention vorzuladen. Die Gewaltpräventionsberatung soll mindestens sechs Beratungsstunden umfassen. Diese hat vor allem den Zweck, den Gefährder vor neuerlicher Gewaltanwendung im Umgang mit Menschen abzubringen.
In unserem nächsten Beitrag widmen wir uns der Frage, wie Beratungsstellen und Gewaltschutzzentren unterstützen können. Darüber hinaus wollen wir einen ersten Einblick in die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von juristischer Prozessbegleitung geben. Hier geht es zum Beitrag.
Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können. Bitte beachten Sie auch, dass die obige Darstellung nicht zwangsläufig auf die individuellen Situationen übertragbar ist. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden im Text hauptsächlich geschlechtsneutrale Formen verwendet. Selbstverständlich gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichermaßen für alle Geschlechter.
KANZLEI CHRISTINA TOTH
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