Patricia Hofmann • 18. Oktober 2022
Ohne Zustimmung sollte man weder Bilder vom Intimbereich anderer Personen aufnehmen noch Bilder seines eigenen Intimbereichs ungefragt an andere weiterschicken – sollte man zumindest meinen. Während die eine Handlung in Österreich seit Einführung des neuen Tatbestands der "unbefugten Bildaufnahmen" durch das Gesetzespaket "Hass im Netz" strafbar ist, mündet das ungefragte Versenden von Fotos des eigenen Intimbereichs allein bislang noch in keinem Strafverfahren. Aber alles der Reihe nach.
Was ist Upskirting?
Das Gesetzespaket "Hass im Netz" trat mit 1. Jänner 2021 in Kraft und damit auch der neue Tatbestand des §120a Strafgesetzbuch. Dieser regelt unbefugte Bildaufnahmen, auch bekannt unter dem Begriff "Upskirting". Diese Bestimmung verbietet die absichtliche unbefugte Aufnahme von Bilder vom körperlichen Intimbereich sowie von der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die eben diese Bereiche gegen Anblicke schützen soll.
Von der Rolltreppe bis zur Umkleide
Vom Tatbestand sind also nicht nur Nacktfotos von Körperstellen wie Genitalien, Gesäß oder der weibliche Brust umfasst, sondern vielmehr auch Aufnahmen von bedeckten Körperstellen. Der soeben genannte Schutz gegen die Anblicke anderer umfasst neben der im Gesetzestext angeführten Unterwäsche zum Beispiel auch Handtücher, die als "Sichtschutz" dienen sollen. Ebenso sind Räume, die gegen Einblicke besonders geschützt sind, von der Bestimmung umfasst. Darunter fallen insbesondere Umkleidekabinen in Kaufhäusern, Schwimmbädern oder Arztpraxen und Umkleideräume in Sporthallen oder im Fitness-Studio sowie auch öffentliche Toiletten.
Was heißt das in der Praxis? Strafbar wäre beispielsweise das absichtliche unbefugte Fotografieren mit einem Selfie-Stick auf einer Rolltreppe unter den Rock einer anderen Person. Ob die geschützte Körperstelle sodann nur auf einem Teil des Bildes vorkommt oder das ganze Bild einnimmt, ist für den objektiven Tatbestand nicht relevant.
Nur mit Ermächtigung
Bei § 120a Strafgesetzbuch handelt es sich um ein Ermächtigungsdelikt. Das bedeutet, dass der Täter sohin nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen ist. Die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft hat unverzüglich beim Opfer anzufragen, ob es die Ermächtigung erteile – oft passiert das bereits, wenn man bei der Polizei Anzeige erstattet.
Wird diese Ermächtigung aber verweigert, so ist jede weitere Ermittlung gegen die betreffende Person unzulässig und das Verfahren einzustellen. Die Ermächtigung gilt auch dann als verweigert, wenn die berechtigte Person sie nicht binnen vierzehn Tagen nach Anfrage erteilt. In solchen Fällen ist es also wichtig, rasch eine Rückmeldung zu geben, sodass das Verfahren seinen weiteren Gang nehmen kann – sofern man das möchte.
Und was ist mit "Dickpics"?
"Dickpic" ist wahrscheinlich den meisten ein Begriff, aber der Vollständigkeit halber: Umgangssprachlich ist von einem "Penisbild" die Rede. Das unaufgeforderte Zusenden solcher Fotos oder auch das Senden von Ablichtungen anderer Genitalien, was auch unter "Cyberflashing" bekannt ist, ist in Österreich für sich allein noch nicht strafbar. Das Vorzeigen eines Bildes wird bislang auch nicht als sexuelle Belästigung gesehen, allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Handlungen unter gewissen Umständen sehr wohl strafbar sind.
Schon beim soeben erwähnten Upskirting war uns Großbritannien einen Schritt voraus. Mit dem "Online Safety Bill" sollen nun auch die Tathandlungen des Cyberflashings strafbar werden und dies nach dem derzeitigem Entwurf natürlich geschlechterneutral. In Deutschland fällt dieses unaufgeforderte Versenden bereits unter den Tatbestand der Verbreitung pornografischer Schriften.
Aus der Verurteilungsstatistik für 2021 zeigt sich, dass es lediglich eine Verurteilung wegen unbefugter Bildaufnahmen nach §120a Strafgesetzbuch gab. Interessant wird sein, inwiefern und vor allem in welcher Anzahl der Tatbestand des "Upskirting" in Zukunft zu Urteilen führt. Vielleicht, wenn die Strafbarkeit dieser Handlung mehr Personen zur Kenntnis gelangt und ebenso bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auch eine Notwendigkeit sieht das "Cyberflashing" unter Strafe zu stellen.
Dieser Artikel ist (in ähnlicher Form) bei derStandard.at bereits am 11.10.2022 im Gastblog "Mit Recht gegen Gewalt" von Patricia Hofmann erschienen.
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KANZLEI CHRISTINA TOTH
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